Einweihung eines Gedenksteins & Memorial Flight
an der Absturzstelle von Halifax NP711
Leistadt 06.08.2022
Nachdem die Absturzstelle bei Leistadt in enger Zusammenarbeit mit der Denkmalbehörde in Speyer in 2017 wiederentdeckt und seit 2018 durch die IG Heimatforschung Rheinland-Pfalz untersucht und prospektiert worden war, wurde am 06.08.2022 an der Absturzstelle ein Gedenkstein enthüllt. Viele Nachfahren der verstorbenen Besatzung aus Kanada, den USA, Großbritannien sowie Militärabordnungen von allen beim Absturz beteiligten Nationen, waren zugegen. Am Boden, unterhalb der Absturzstelle, aber auch aus der Luft wurde den im Einsatz verstorbenen alliierten Soldaten würdig gedacht. Die IG Heimatforschung erhielt dabei tatkräftige Unterstützung von der US Air Force, von Privatpersonen, Sponsoren sowie der Stadt Bad Dürkheim.
Die Absturzstelle von Halifax NP711 erstreckt sich, durch die gewaltige Explosion der sich noch an Bord befindlichen Bombenlast, über mehrere hundert Meter am Hang unterhalb des Fernmeldeturms am Weilerkopf. Am südlichen Rand der Absturzstelle, direkt am sich dort befindlichen Waldweg, wurde eine für Wanderer gut erreichbare Stelle für den Gedenkstein ausgesucht. Zumal das auch die äußerste Stelle war, an die damals Zeitzeugen an den Ort des Geschehens herankommen konnten, da der gesamte Hang nach oben hin (heute hinter dem Gedenkstein) brannte. An dieser Stelle standen in 1945 auch die Fahrzeuge, die die spärlichen Überreste des Flugzeugs und der Besatzung nach dem Absturz abtransportierten.
Im Vorfeld der Feier musste die ausgesuchte Stelle zunächst auf Vordermann gebracht werden. Nachdem der Gedenkstein, der aus dem Steinbruch von Leistadt stammt, zwei Wochen vor der Feier mit schwerem Gerät an Ort und Stelle transportiert worden war, wurde vor dem Stein das zum Teil recht hohe Gras gemäht, wurden Äste, etc. entfernt. Nur so konnten die 60 geladenen Gäste auch ohne Probleme vor dem Stein Platz nehmen. Herr Hanewald aus Leistadt, der uns in 2017 die Absturzstelle gezeigt hatte, unterstützte uns hier tatkräftig.
Da die Strecke vom Ortsrand bis zum Gedenkstein fast 2 km betrug, und diese aus einem leicht ansteigenden, recht unebenen und unbefestigten Waldweg bestand, war geplant, einen Großteil der Gäste mit historischen Fahrzeugen durch den Wald zum Meeting Point und von dort zur etwa 700 Meter weiter im Wald liegenden Absturzstelle zu befördern. Ein befreundeter Sammler, seine Familie/Enkel und Freunde würden dies, unter Hinzuziehung von zwei Bekannten, die ebenfalls beide einen US Willys Jeep besitzen, im Pendeldienst bewerkstelligen. Für einige Gäste wäre die Strecke zur Absturzstelle in den Wald hinein sonst zu weit gewesen. Der älteste Gast, ein ehemaliger Flakhelfer, war 95 Jahre alt. Auch in diesem Fall war das, dank der freundlichen Hilfe der Besatzung des Malteser-Fahrzeuges, die uns bei Veranstaltungen medizinisch unterstützen, kein Problem.
Die Fahrzeugflotte bestand aus einer Mischung von alliierten und deutschen Militärfahrzeugen aus dem Zweiten Weltkrieg. Allesamt Museumsstücke. Nur heute mit einem weitaus friedlicheren Zweck. Darunter befanden sich drei amerikanische Willys Jeeps, zwei deutsche Kettenfahrzeuge (Typ Sd.Kfz. 10 und Sd.Kfz. 2 „Kettenkrad“), ein Kfz 15 „Horch“ sowie ein Volkswagen Typ 166 „Schwimmwagen“. Zur Deko neben dem Gedenkstein hatte der befreundete Sammler dazu noch einen original Flakscheinwerfer zur Verfügung gestellt (der übrigens heute noch funktioniert), welcher von dem Horch gezogen wurde. Während der Veranstaltung freuten sich die Gäste sichtlich über diesen besonderen Anblick bzw. diese Überraschung. Diese alte aber immer noch funktionsfähige Technik, mit viel Liebe und Aufwand instandgehalten, konnte nun hautnah erlebt werden. Die Kettenfahrzeuge wurden bereits am Vortag der Veranstaltung nach Leistadt transportiert und konnten über Nacht auf dem Gelände eines hilfsbereiten Leistädters untergebracht werden.
Am Tag der Veranstaltung trafen die IG-Mitglieder um 07:30 Uhr an der Absturzstelle ein. Die Gedenktafel wurde an dem vorbereiteten Stein befestigt und mit einer Fahne abgedeckt. Die letzten Vorbereitungen wurden getroffen, damit die 60 geladenen Gäste, die eingeweihten Einwohner von Leistadt, Freunde und Bekannte, die kommenden Stunden so komfortabel wie möglich verbringen konnten. 60 Stühle, kühle Getränke, Medizinische Hilfe (falls erforderlich) standen bereit. Die Polizei war selbstverständlich im Vorfeld informiert worden und auch am Veranstaltungstag bei der Feier anwesend. Die Außenabsicherung der VIP´s würde ein Hundeführer der Polizei übernehmen. Die Presse würde zwar anwesend sein, würde aber erst im Nachgang, wenn die Veranstaltung längst beendet war, darüber berichten.
Die historischen Fahrzeuge standen um 09:00 Uhr am Ortsrand von Leistadt an einer vorher vereinbarten Stelle bereit, um die ersten Gäste in den Wald zu befördern. Um spätestens 10:00 Uhr sollten alle Gäste am Meeting Point im Wald eingetroffen sein. Von dort aus sollte das Gros zusammen zur Absturzstelle laufen, geführt von einem Willys Jeep. An der Absturzstelle würde uns Pipe Major Mackenzie mit Dudelsackmusik empfangen. Und so geschah es.
Um 10:00 Uhr waren alle Gäste am Meeting Point angekommen und gemeinsam bewegten wir uns zu Fuß in Richtung Absturzstelle. In der letzten Kurve erschallte der Klang vom Dudelsack durch den Wald, und unter musikalischer Begleitung von Pipe Major Mackenzie trafen wir am Veranstaltungsort, unterhalb der Absturzstelle, ein.
Nachdem alle Platz genommen hatten, begrüßte ich alle Anwesenden ausführlich. Anschließend stellte Martin Heinz unsere IG Heimatforschung und deren Ziele kurz vor. Danach übergab er das Wort an den Bürgermeister von Leistadt, Herrn Christoph Glogger, der anschließend auch das Monument enthüllte.
Darauf folgte die Enthüllung der Informationstafel durch Herrn Hanewald aus Leistadt. Er hatte uns damals, in 2017, die Absturzstelle gezeigt, wodurch das Projekt ins Rollen gekommen war.
Zwischenzeitlich waren bereits zwei Flugzeuge von ihrer Basis bei Mendig und Ramstein aufgestiegen, mit dem Ziel, zwei Überflüge bzw. Fly Pasts über der Absturzstelle durchzuführen. Eine Besatzung bestand aus dem Team der Firma Morlock Motors Michael Manousakis (DMAX) in der Dakota DC3 (1943), das bereits im Vorjahr einen Fly Past bei unserer Veranstaltung in der Nähe von Neuleiningen mit drei anderen Flugzeuge durchgeführt hatte, und die zweite Crew bestand aus einem Team der amerikanischen Luftwaffe in einer C130 Hercules.
Unser Ground-Team verfolgte ständig ihre Position und stand ununterbrochen in Verbindung. Die Flugzeuge würden in einem Sammelgebiet über Worms kreisen und erst anfliegen, wenn wir das Signal geben würden.
Diese Gedenkzeremonie am Boden sollte also von einem Gedenkflug bzw. „Memorial Flight“ begleitet werden. Fly Pasts sind eine besondere Ehre für fliegendes (Militär-)Personal, das bei der Dienstausführung zu Tode gekommen ist. Eigens für diesen besonderen Anlass hat die Besatzung der Dakota bzw. Morlock Motors ein eigenes Patch entworfen. Selbstverständlich bekamen auch alle Nachfahren und Interessenten im Nachgang solch ein Patch überreicht.
Pfarrer Herr Nobert Leiner sprach inzwischen ein Gebet und segnete den Gedenkstein. Es folgten Reden von Militärvertretern der beim Crash involvierten Nationen: Colonel Herr Dany Poitras, Kommandeur der Royal Canadian Air Force (Ramstein Air Base), Group Captain Herr Mark Heffron (Royal Air Force, Air- & Operations Attaché, britische Botschaft Berlin), und Ass. Stabschef Oberst Herr Michael Trautermann, AIRCOM Ramstein Air Base.
Von den zehn anwesenden Nachfahren sprachen Frau Jennifer Mallory für die Wilson Familie (Schottland) und Herr Rob Wagner, der heute in Saudi-Arabien lebt, für die Wagner Familie (Kanada/USA).
Anschließend las ich alle sieben Namen der Opfer laut vor und es erfolgte der Last Post, durchgeführt von Herrn Jan Rudolph auf dem Kornett. Immer wieder ein bewegendes Ereignis. Danach bestand die Möglichkeit, Blumen und Kränze niederzulegen, musikalisch begleitet durch Pipe Major Mackenzie.
Die bereits über Worms am Sammelpunkt kreisenden Flugzeuge starteten daraufhin ihren ersten Run, zu Ehren der getöteten Luftwaffensoldaten. Ein besonderer Anblick. Ein fast 80 Jahre „altes“ Transportflugzeug, das „Workhorse“ der Alliierten im 2. Weltkrieg, die Dakota (der wohl besterhaltenen flugfähigen DC3 in Deutschland), gefolgt vom heutigen „Workhorse“ der NATO-Staaten, der C130 Hercules. Die Dakota aus 1943 flog in vorderer Position, gefolgt von den zwei Pilotinnen und dem Team der US Air Force in ihrer C130 Hercules . Pipe Major Mackenzie begleitete den Überflug am Boden musikalisch auf seinem Dudelsack. Für die Nachfahren, aber auch für alle Anwesenden war dies ein besonderer Moment.
Vom benachbarten Bismarckturm aus, auf dem meine Tochter mit ihrem Freund postiert war, von einer Drohne und von unten an der Absturzstelle wurde dieser besondere Überflug festgehalten. Aber auch oben, in den Flugzeugen, waren mehrere Kameras bzw. Go-Pros im Einsatz. Danke an die Initiative der US Air Force und Morlock Motors. Pro Flugzeug waren bis zu vier Kameras montiert.
Beide Flugzeuge überflogen uns zweimal, und nach einer Verabschiedung über Funk traten beide Flugzeuge wieder den Rückflug zu ihrer Basis an.
Detailinfos/Geländeerklärungen zur Absturzstelle, Gruppenfotos und ein Schlusswort meinerseits rundeten die Zeremonie an der Absturzstelle ab. Wir machten uns bereit für den Empfang in der Lindemannsruhe, um der Einladung des Bürgermeisters zu folgen.
Langsam aber sicher kamen alle Militärfahrzeuge in Bewegung. Wer wollte, konnte mit den Militärfahrzeugen bis zum Restaurant Lindemannsruhe mitfahren, sogar in einem Kettenfahrzeug. Sicherlich ein ungewöhnlicher Anblick, als die Fahrzeuge durch Leistadt den Weg hoch zur Lindemanssruhe antraten.
Bei pfälzischen Spezialitäten und tollen Gesprächen ging gegen 17:00 Uhr ein besonderer Tag zu Ende. Ein Tag, an dem die Nachfahren endlich abschließen konnten. Ein Tag der gelebten Völkerverständigung. Ein Tag, den keiner der Anwesenden so schnell vergessen wird. Danke an alle, die diesen Tag mit ihrer Anwesenheit und Unterstützung möglich gemacht haben. Erik Wieman