Absturzstelle Herxheim, Stirling EH883
149 Sqn. Royal Air Force
23.09.1943
Am 23. September 1943 starteten am Abend 628 Flugzeuge der englischen Royal Air Force, dabei einige wenige (5) Flugzeuge der amerikanischen Army Air Forces, von verschiedenen Flugplätzen im englischen Königreich für einen Angriff auf Mannheim. Auch die Städte Ludwigshafen und Frankenthal auf der anderen Rheinseite wurden bei dem Angriff schwer getroffen. Über 150 deutsche Nachtjäger waren in der Luft zusammengezogen, um diesen alliierten Bomberstrom abzufangen. Über 5% der alliierten Flugzeuge wurden auf dem Weg in das Zielgebiet, über dem Zielgebiet und auf dem Rückweg abgeschossen. Stirling Bomber EH883 OJ-A vom 149. Squadron der RAF war zuvor um 19:19 Uhr von dem englischen Flugplatz Lakenheath in der Grafschaft Suffolk, East Anglia, aufgestiegen und war über dem Zielgebiet getroffen worden. Er stürzte gegen Mitternacht bei Herxheim in einen Acker.
Ein Zeitzeuge berichtete: „In fürchterlich aufheulendem Motorengetöse ging der Bomber nieder. Im Sturzflug brauste er über das Dorf hinweg direkt über meinem Elterhaus und zerschellte im freien Feld, rund 200 Meter vom eigenen Beobachtungsstandort entfernt. Beim Aufschlag des Bombers gab es eine gewaltige Explosion und einen riesigen Feuerball. Sogleich waren vor der Feuerwand im Lichtschein zwei Männergestalten in wahrscheinlicher Fliegermontur zu erkennen, etwa 120 Meter von mir entfernt, die sich an sich selbst zu schaffen machten. Es waren zwei überlebende Flieger des explodierten Bombers, die sich vermutlich ihrer Fallschirmgurte entledigten. Im Dunkel der Nacht verschwanden die beiden, bevor die Herxheimer Feuerwehr vor Ort eintraf. Im reflektierenden Feuerschein der brennenden Flugzeugtrümmer sah dies alles gespensterhaft aus. Offiziell hieß es damals zunächst, dass alle Besatzungsmitglieder bei der Explosion ums Leben gekommen waren. Dem war nicht so. Zwei Insassen überlebten, was mir durch meine Beobachtung sofort gewiss war. Selbstverständlich interessierte mich am Tage Näheres zur Absturzstelle. Der Bomber war in kleine bis kleinste Einzelteile zerrissen, wie auch die Flieger, zerfetzt, verkohlt, verbrannt. Alles was übrig war, war weitflächig verstreut. Die zerfetzten menschlichen Überreste boten makabere, schaudererregende Anblicke. Die Feststellung der genauen Anzahl der Toten war nicht möglich. Gemäß Untersuchungsbefund handelte es sich wohl um fünf bis sechs Flieger. Nur eine einzige Erkennungsmarke mit der Aufschrift „Tomlinson 1430802“ wurde gefunden. Die anderen konnten nicht mehr identifiziert werden.“
Bei den zwei Personen, die durch den Zeitzeugen im Feuerschein gesehen worden waren und den Absturz mittels Fallschirmabsprung überlebt hatten, handelte es sich um den kanadischen Heckschützen des Bombers, Sgt. Nathan Edwin Nathanson und den australischen MG-Schützen, Kenneth Frank Lear. Nathanson wurde am darauffolgenden Tag gefangen genommen, Lear konnte in südlicher Richtung entkommen. Nachdem er sich mehrere Wochen zu Fuß und in Zügen unentdeckt durchgeschlagen hatte, überquerte er am 1. Oktober 1943 die französisch-schweizerische Grenze und war in Sicherheit. Eine unglaubliche Geschichte von Mut, Ausdauer und Durchsetzungsvermögen.
Die anderen, bei dem Absturz getöteten Besatzungsmitglieder, wurden zunächst auf dem Herxheimer Friedhof erstbestattet. Am 14.05.1948 wurden sie exhumiert und nach Rheinberg bei Duisburg auf einen alliierten Sammelfriedhof der Commonwealth War Graves Commision, umgebettet, wo sie heute noch ruhen.
Bei den Toten handelte es sich um:
-Pilot Officer William John Leedham (Pilot), Royal Air Force
-Sergeant Edmund Magsom (Flugingenieur), Royal Air Force
-Warrant Officer II William Ness (Bombenschütze), Royal Canadian Air Force
-Sergeant William Arthur Beales (Funker/Schütze), Royal Air Force
-Sergeant Leslie Tomlinson (Schütze), Royal Air Force
Überlebt haben:
-Sergeant Nathan Edwin Nathanson (POW), Heck-Schütze, Royal Canadian Air Force
-Flight Sergeant Kenneth Frank Lear (entkommen), MG-Schütze, Royal Australian Air Force
Nachdem erste Hinweise und Anhaltspunkte zur Absturzstelle bei der IG Heimatforschung Rheinland-Pfalz eingegangen waren, wurde Ende 2023 eine Nachforschungsgenehmigung bei der Generaldirektion Kulturelles Erbe in Speyer für das Jahr 2024/25 beantragt. Diese Genehmigung liegt mittlerweile vor. Erste Überreste des Flugzeugs wurden im Oktober 2024 durch die IG Heimatforschung Rheinland-Pfalz geborgen. Die Untersuchung dauert zur Zeit noch an (Stand Dezember 2024) und wird in 2025 weiter fortgeführt werden. Nach Abschluss der Arbeiten ist im Bereich der Absturzstelle ein Gedenkstein geplant.
Forstsetzung folgt/to be continued! Erik Wieman