EF129 Limburgerhof: Gedenksteineinweihung an der Absturzstelle
Der 05.08.2017 war der krönende Abschluss einer erfolgreichen Forschung nach der genauen Absturzstelle, den Hintergründen und den noch lebenden Nachfahren von der Crew der Stirling EF129. Im Beisein von 18 (!) Nachfahren aus Neuseeland, Kanada und Großbritannien, Vertretern der Kirche, der Royal Air Force sowie der Deutschen Luftwaffe, dem Landrat, dem Bürgermeister von Limburgerhof sowie dem Bürgermeister der Verbandsgemeinde Rheinauen (Waldsee, Otterstadt, Neuhofen und Altrip), zivilen sowie militärischen Zeitzeugen und weiteren Gästen, zeitweise insgesamt ca. 60 Teilnehmer, wurde ein Gedenkstein enthüllt.
Die letzten Vorbereitungen begannen bereits am Vorabend. Der Parkplatz wurde markiert und die Straßenschilder, die den Gästen am nächsten Morgen den Weg zur Absturzstelle zeigten, wurden angebracht. Am darauffolgenden Morgen fuhren wir um 07:00 Uhr zum Gedenkstein. Um 10:00 Uhr sollte es losgehen. Direkt nach der Ankunft wurde zuallererst die Gedenktafel mit Sicherheitsschrauben am Stein befestigt. Vorgebohrt und angepasst wurde sie schon Tage vorher. Anschließend wurde sie mit einer großen englischen Fahne abgedeckt. Die neuseeländische, englische sowie kanadische Fahne wurden an den bereits vorbereiteten Fahnenstangen befestigt. Ein großes Pavillon wurde aufgebaut, das Funkmikrofon samt Notstrom nochmal getestet und die restlichen Utensilien wurden an ihren Platz gebracht bzw. aufgebaut. Das Bringen der Stühle für die Gäste/ Nachfahren hatte der Bürgermeister in Auftrag gegeben und sie wurden pünktlich um 08:00 Uhr geliefert. Da es warm werden sollte, wurden noch ausreichend gekühlte Getränke durch uns bereitgestellt.
Eine halbe Stunde vor Beginn war der Oberstabsarzt der Luftwaffe mit seinen Soldaten vor Ort zwecks Geländeeinweisung. Ein ehemaliger Flaksoldat, weit über 80 Jahre alt, von der ehemaligen Großkampfstellung bei Ludwigshafen-Oggersheim, der heute schlecht zu Fuß ist, wurde bis nach vorne an den Stein gefahren und begrüßt. Es lag in der Luft: Eine ganz besondere Mischung von Gästen wurde heute erwartet. Nachdem ich selbst dann noch schnell am Auto den Anzug angezogen hatte, fuhr ich vor zum Parkplatz um kurz vor 10:00 Uhr die ersten Gästen in Empfang zu nehmen. In kürzester Zeit wurde der Parkplatz, der ein paar hundert Meter von der Absturzstelle entfernt lag, immer
voller. Nachfahren, Zeitzeugen, Amtsträger, Musiker, …soweit es möglich war wurden alle Anwesenden persönlich begrüßt. Die Polizei, die über unsere Veranstaltung von Anfang an informiert war, war ebenfalls anwesend. Für medizinische Betreuung war ebenfalls gesorgt, sollte einer der (älteren) Gäste, evtl. wetterbedingt, Probleme bekommen.
Die Royal Air Force wurde vertreten durch Air- and Defence Attache Group Commander Roland Smith. Die Bundeswehr wurde vertreten durch Oberstabsarzt Herrn Dr. Ullrich Graf. Außerdem waren anwesend: Herr Dr. Kern, der Bürgermeister von Limburgerhof, Pastoralreferentin Frau Heiner, Bistum Speyer, Landrat Herr Körner, der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Rheinauen, Herr Reiland. Alle sieben Familien der verstorbenen Flugzeugbesatzung wurden im Vorfeld erreicht, und fünf von sieben Familien waren anwesend. Alle drei Nationalitäten der gemischten Commonwealth-Flugzeugbesatzung waren bei der Feier vertreten, insgesamt 18 Nachfahren aus Kanada, Neuseeland und Großbrittannien. Eine erstaunliche Anzahl. Eine sehr herzliche Begrüßung folgte. Wir haben über den Fortschritt der Sondierung ständig Kontakt gehalten. Jetzt lernte man sich persönlich kennen. Auch machte ich zum ersten Mal persönlich Bekanntschaft mit Pipe Major Mackenzie, mit dem ich schon seit Ende 2016 im Zuge dieser Veranstaltung kommuniziert hatte. Wie sich herausstellte, „absolutely the right man in the right place“. Er sollte uns auf dem Dudelsack spielend zur Absturzstelle führen. Zwei Familien kannte ich schon von meinem Besuch in Großbritannien, anlässlich der Einladung zum Remembrance Day 2016, die Familien Renton und Harris. Nach einer Ankündigung fing Pipe Major MacKenzie an zu spielen. Dann drehte er sich spielend um und marschierte langsam in Richtung Absturzstelle los. Alle Teilnehmer liefen im Schritttempo hinterher. Wir liefen u.a. an zwei Äckern vorbei. Zwei Äckern, an denen da-
mals die Besatzung beim Absturz ihre letzten Minuten erlebte. Genau da lief heute ein Dudelsackspieler, ihm folgend eine Menge Menschen, Nachfahren, alle mit wahrscheinlich ähnlichen Gedanken, in Mitte von Feldern und Äckern. Unwirklich. Eine besondere Erfahrung. Die Drohne eines Freundes flog über uns. Die letzten Meter führten über eine Brücke. Autos fuhren untendurch. Die Melodie des Dudelsacks ertönte unaufhörlich. Jeder war in Gedanken,
als wir an der Absturzstelle und dem Gedenkstein ankamen. Ich begüßte die Nachfahren, die jeweiligen Würdenträger, die Zeitzeugen und die sonstigen Gäste. Die Begrüßung wurde in Deutsch und Englisch vorgenommen. Alle weiteren Reden wurden bereits im Vorfeld übersetzt und lagen auf den einzelnen Stühlen aus, damit jeder, egal ob deutsch- oder englischsprachig, mitlesen konnte und kein Redner wegen einer Übersetzung unterbrochen werden musste. Danach hielt Peter Berkel, IG Heimatforschung RLP, eine kurze Rede über das Projekt EF129 allgemein. Er übergab dann an Herrn Dr. Kern. Der Bürgermeister von Limburgerhof hielt eine eindringliche Rede. Anschließend enthüllte er zusammen mit Peter Berkel und mir den Gedenkstein. Pastoralreferentin Frau Heiner, Bistum Speyer, hielt daraufhin einen Feldgottesdienst und der Stein wurde geweiht. Nun ging das Wort an Air- und Defence Attache, Group Commander Roland Smith sowie an Oberstabsarzt und Bundesverdienstkreuzträger Herrn Dr. Graf von der Deutschen Luftwaffe. Mrs. Sally Linfoot, Familie Renton (Großbritannien), Mr. John Wheatley, Familie Harris (Neuseeland), Mrs. Wendy Birch, Familie Hill (Großbritannien), Mr. Chris Gray, Familie Gray (Großbritannien) und Mrs. Elizabeth MacMillan, mit Tochter Charli, Familie MacMillan (Kanada), hielten im Namen der Familien teils emotionale Reden, wobei manche Träne floss, und das Publikum sehr berührt wurde.
Danach gab es die Möglichkeit, unter musikalischer Begleitung von Pipe Major Mackenzie, Blumen und Kränze niederzulegen. Nach dem Antreten durch die Bundeswehr unter Oberstabsarzt Herrn Dr. Graf, erfolgte, nachdem ich die Namen der umgekommenen Besatzung einzeln vorgelesen hatte, der „Last Post“, „der letzte Wachposten“, durch Jan Rudolph auf dem Kornett. Ein besonderer Moment, bei dem viele stramm standen oder grüßten. Für viele ein Gänsehautmoment.
"The Last Post"
Das Ende des offiziellen Teils einer besonderen Gedenkfeier nahte. Aber nicht ohne ein abschließendes „Amazing Grace“, auf dem Dudelsack, durch Pipe Major MacKenzie. Bei viele Nachfahren nahmen spätestens jetzt Emotionen die Überhand.
Nach einer kurzen Geländeeinweisung an der Absturzstelle gab es dann noch die Möglichkeit für die Nachfahren in von uns bereitgestellten kleinen Glasbehältern Sand von der Absturzstelle zu entnehmen, um diesen als Erinnerung mit nach Hause zu nehmen.
Ein anschließend aufgenommenes Gruppenfoto wird demnächst den Gedenkstein schmücken. Unter der Gedenktafel wurde extra dafür Platz gelassen, um die Nachfahren auf dem Stein zu verewigen. Bürgermeister Herr Dr. Kern hatte für alle noch ein Geschenk, welches reißenden Absatz fand: Ein Glas mit dem Wappen von Limburgerhof sowie ein Inlay mit dem Datum des Absturzes, dem Datum der heutigen Zeremonie sowie seinen Kontaktdaten für die Nachfahren. In seine Rede hatte er bereits die Bitte geäußert, dass die Nachfahren auch in Zukunft doch unbedingt mit der Gemeinde Kontakt halten sollten.
Unter musikalischer Begleitung von Pipe Major Mackenzie lief die Gruppe daraufhin wieder über die Brücke zurück zum Parkplatz. Von dort aus waren es nur wenige Minuten Fahrzeit zum Golfpark-Restaurant „La Maison“. Genau an dieser Stelle stand in 1943 eine Scheinwerferstellung, die ebenfalls zur Zeit des Absturzes im Einsatz war. Dort gab es, auf Einladung des Bürgermeisters, in sehr exklusivem Ambiente ein sehr gemütliches Beisammensein von insgesamt ca. 35 Teilnehmern die auch an der Zeremonie teilgenommen hatten, inkl. aller Würdenträger. Nach einem Sektempfang wurde in sehr angenehmer Atmosphäre getrunken und gespeist, Bilder und Geschichten ausgetauscht. Kurz vor der Mahlzeit gab es für Herrn Dr. Kern, von der Familie Gray, noch ein Geschenk aus England: Ein „Thumbstick“, ein Spazierstock aus Horn und speziellem Holz, in den das Datum der Zeremonie sowie der Name des Bürgermeisters eingraviert waren. Als Dank für seine großartige Unterstützung.
Zeitzeuge Herr Braun hatte noch etwas Besonderes für die Nachfahren. Er überreichte allen Nachfahren eine Kopie seiner Erinnerungen an den Angriff vom 5. auf 6. Sept., aus deutscher Sicht , übersetzt ins Englische. Da Herr Braun sehr gut Englisch schreibt und spricht, war er bald in Mitte der Nachfahren in rege Gespräche verwickelt. Pipe Mayor Mackenzie hatte auch noch etwas für mich in petto. Er kürte mich kurzerhand zum „Chieftain of the Day“, nachdem ich eine Schale eines besonderen Whiskeys leeren musste, was ich übrigens sehr gerne über mich ergehen ließ, denn das schottische Getränk schmeckte außerordentlich gut und „smoky“.
Gegen 15:00 Uhr, nach immerhin 5 Stunden, mussten uns die ersten Teilnehmer wieder verlassen und machten sich auf die Heimreise. Nach dem Essen fuhren wir zum Friedhof in Limburgerhof, wo die Nachfahren die Stelle besuchen konnten an der die Flugzeugbesatzung, ihre Vorfahren, in 1943 bis zur Exhumierung und Umbettung begraben waren. Die Stelle, direkt neben deutschen Kriegstoten in der „Ehrenreihe der Gefallenen „ ist bis heute leer belassen.
Darauf folgte der Abschied von den Nachfahren. Da fast alle Nachfahren sich vorher nicht kannten, waren sich alle einig: Heute wurde,
auf eine besondere Art und Weise, eine neue Familie geschaffen. Adressen wurden ausgetauscht und alle wollen miteinander in Verbindung bleiben. Die Geschichte hört hier also nicht auf. Sie geht
weiter. Über den Tod der Besatzung hinaus…..
Erik Wieman
Update:
Volkstrauertag 19.11.2017
-Nachfahren auf Gedenkstein verewigt
-Partnerstadt Chenove/Frankreich schickt Delegation nach Limburgerhof, Besuch am Gedenkstein Stirling EF129