31.08.2019 - Gedenksteineinweihung Waldsee/Pfalz, Halifax JD322


Am 31. August 2019 wurde in Waldsee/Pfalz der Gedenkstein für die Besatzung von Halifax Bomber JD322 enthüllt. Siebzehn Nachfahren der Besatzung aus Kanada und Großbritannien sowie Repräsentanten der Royal Air Force, der Royal Canadian Air Force und der Deutschen Bundeswehr waren anwesend. Mehrere Jahre Forschung nach den Umständen des Absturzes resultierten in den Abschluss der letzten Phase des Projektes, den Gedenkstein. 

Seit 2016 hat die IG Heimatforschung bereits Kontakt zu den ersten zwei Familien der Flugzeugbesatzung, die erreicht werden konnten. In 2017 wurden die restlichen fünf Familien im Ausland gefunden und umfangreich informiert. Keiner der Familien wusste, dass das Flugzeug damals in Waldsee abgestürzt war. Keiner wusste, dass die Besatzung damals von 1943 bis 1948 in Waldsee beerdigt worden war, bis sie nach dem Krieg auf einen Alliierten Sammelfriedhof umgebettet wurde. Keiner wusste um die Umstände ihres Todes. Alle hatten das Projekt seit Auffindung der Absturzstelle von Kanada und Großbritannien aus verfolgt. Und am 31. August 2019 waren sie in Waldsee bei der Enthüllung und Einweihung des Gedenksteins dabei.



Die Unterstützung seitens der Orts- und Verbandsgemeinde bzw. des amtierenden Bürgermeisters, Herr Otto Reiland, und der Noch-Beigeordneten und zukünftigen Bürgermeisterin, Frau Claudia Klein, war phänomenal. Alle waren involviert und unterstützten das Projekt „Gedenkstein Waldsee“ nach besten Kräften. Nachdem der „zukünftige“ Gedenkstein bei Steinmetz Keller am 27. Juni 2019 durch Frau Klein und mich in Harthausen begutachtet, für geeignet befunden und anschließend durch die Gemeinde genehmigt worden war, konnte die Planung des Fundaments in Angriff genommen werden. Als das Fundament ausgehärtet war konnte der Stein,






der fast drei Tonnen wiegt, gesetzt werden. Da alles durch Mitarbeiter des Bauhofs und Steinmetz Herr Keller perfekt vorbereitet war, verlief alles ohne Probleme. Die Mitarbeiter des Bauhofs  kümmerten sich auch sehr engagiert um die Gestaltung des unmittelbaren Umfelds des Gedenksteins, und sie werden die Pflege auch zukünftig übernehmen. Alles war durchgeplant, das Programm stand, jeder der Bescheid wissen musste, war informiert, der 31. August konnte kommen.



Ein englisches Fernsehteam war bereits am Vortag vor Ort. Zeitzeugen wurden interviewt



Am Vortag, ein englisches Fernsehteam war bereits vor Ort, waren bereits alle Hinweisschilder im Ort platziert worden, damit alle Gäste den Meeting-Point für 31. August, 10:00 Uhr, am Turnerheim in Waldsee, leicht finden konnten. Wir waren am 31. August bereits um 07:00 Uhr am Gedenkstein, um die letzten Vorbereitungen zu treffen. Zuerst erfolgte das Wichtigste überhaupt: Die Gedenktafel wurde am Stein angebracht und mit der Fahne von Waldsee bedeckt. Drei Zelte mit fünfzig Stühlen wurden aufgebaut, damit alle Nachfahren und hochrangigen Gäste auch genug Platz und Schutz gegen die Sonne haben würden. Denn es sollte warm werden. Für ausreichend gekühlte Getränke war ebenfalls gesorgt.



Zufahrtswege zur Absturzstelle waren bereits durch Mitarbeiter des Bauhofs an bestimmten Punkten abgesperrt worden. Das Fahrzeug des Malteser Hilfdienstes traf  rechtzeitig ein, alles lief wie am Schnürchen. Die Polizei, die bereits mehrere Wochen im Vorfeld informiert worden war, schaute auch kurz nach dem Rechten. Gegen 08:00 Uhr traf ein befreundeter Sammler mit seinem Flakscheinwerfer, Baujahr 1943, ein. Hintergrund: Unweit der Absturzstelle befand sich zur Zeit des Absturzes in 1943 eine Flakscheinwerferstellung. Die Besatzung der Luftwaffe hatte das abstürzende Flugzeug bis zur letzten Sekunde im Scheinwerferstrahl und riegelte sofort nach dem Absturz die Stelle ab. Dieser Scheinwerfer (ein Museumsstück, der übrigens noch immer funktioniert), dieses Stück anschauliche Geschichte, an dieser geschichtsträchtigen Stelle, wurde direkt neben dem Gedenkstein platziert. Als alle Arbeiten am Gedenkstein erledigt waren, alle Stellung bezogen hatten, wurde die Arbeitskleidung zügig gegen einen Anzug getauscht, und Peter Berkel und ich fuhren vor zum Treffpunkt am Turnerheim. Dort kamen dann auch schon nach und nach alle geladenen Gäste an.


Nachfahren aus Kanada und Großbritannien, mit denen man jahrelang nur per Email und Telefon Kontakt gehabt hatte, sie waren alle da. Siebzehn (!) Nachfahren hatten teilweise den halben Globus überquert, um an der Gedenkfeier teilnehmen zu können. Als offizielle Vertreter des Militärs waren anwesend: Group Captain Mark Heffron der Royal Air Force, Air- und Defence Attache, Botschaft Berlin. Als offizieller Vertreter der Royal Canadian Air Force waren anwesend: Colonel Richard Pamplin, Kommandeur RCAF Ramstein Air Base, Lieutenant-Colonel Jim Rossell, Lieutenant-Colonel Natalie Cathcart und Master Warrant Officer Manon Bouchard, alle vom Hauptquartier Ramstein Air Base. Sie alle waren mit ihren Familien zur Gedenkfeier einge-



laden, eine Delegation von insgesamt zwölf Personen. Die Deutsche Luftwaffe und das Deutsche Heer waren vertreten durch Oberst Karl-Heinz Lutz, Dienst- und Standortältester deutscher Offizier im Hauptquartier Ramstein, und drei Soldaten des Heeres, alle drei unserer IG Heimatforschung zugehörig. Sie standen Spalier links und rechts am Gedenkstein. Die Orts-und Verbandsgemeinde war vertreten durch  Herrn Bürgermeister Otto Reiland, der heute, am 31. August, seinen letzten Arbeitstag haben würde, und Herrn Steffen Sternberger-Hahn. Diese Gedenksteineinweihung sollte also gleichzeitig Herr Reilands letzte Amtshandlung sein.

Herr Kaplan Thomas Ott, Pfarrei Heiliger Christophorus Waldsee, vertrat das Bistum Speyer und würde in einem kleinen Gottesdienst den Stein segnen. 

 

Aus Großbritannien war Herr Dr. Phil Marter von der Universität Winchester, Sekretär der 10 Squadron Association RAF und WK2-Flugzeugarchäologe, angereist. Die Flugzeugbesatzung, der wir gedenken, gehörte zur 10 Squadron RAF. Herr Dr. Marter hat mich in 2017 zum ersten Mal kontaktiert als er in Großbritannien in der Presse mitbekam, dass die IG Heimatforschung Rheinland-Pfalz die Nachfahren der Besatzung von Halifax JD322 sucht. Die 10 Squadron Association Royal Air Force half mit, die Nachfahren zu suchen und die Teamarbeit resultierte darin, dass am Ende alle sieben Familien der Besatzung gefunden werden konnten.

Von der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE) in Speyer war Frau Dr. Susanne Börner anwesend. Sie vertrat die Landesarchäologie Rheinland-Pfalz, Außenstelle Speyer, für die die IG Heimatforschung ehrenamtlich tätig ist.

 

Außerdem waren Zeitzeugen des Absturzes und des Angriffs in der Nacht vom 05. auf 06. September 1943 anwesend. Herr Zinser, Herr Jungkind, Herr Lutz und Herr Rennholz aus Waldsee, Herr Wels aus Speyer und Herr Raubenheimer aus Limburgerhof. Herr Raubenheimer ist ein ehemaliger Flaksoldat von der Großkampfstellung Ludwigshafen-Oggersheim und Ludwigshafen-Rheingönheim. Seine ganze Schulklasse musste damals den Dienst in der Stellung verrichten. Bei dem Absturz eines Lancaster Bombers in seine Stellung wurde er damals verletzt. Er war in der Nacht von 05. auf 06. September 1943, als Halifax JD322 abstürzte, im Dienst und konnte uns wichtige Informationen, auch zu dem Absturz des Bombers in seine Stellung, übermitteln (dies wird ein zukünftiges Projekt der IG werden). Für ihn war es persönlich sehr wichtig, auch heute, bei dieser Gedenkfeier für die alliierten Soldaten, dabei zu sein. Die Interaktion mit den Zeitzeugen wurde von den kanadischen und englischen Nachfahren der Besatzung sehr geschätzt.




Als alle Teilnehmer anwesend und begrüßt waren, liefen wir, was mittlerweile schon Tradition ist, nach dem “Pipes up” hinter Pipe Major MacKenzie zur Absturzstelle. Es hat etwas ganz besonderes, wenn alle gemeinsam, begleitet von Dudelsackmusik, in Richtung Absturzstelle laufen. An der Absturzstelle angekommen, nahmen alle hochrangigen Teilnehmer und Nachfahren ihre Plätze ein. Die  hochrängigen Gäste wurden einzeln nochmal offiziell von mir begrüßt und Peter Berkel erklärte anschließend kurz die Arbeit unserer Gruppe.





Der erste Redner war Herr Bürgermeister Otto Reiland, der seine Rede in Englisch und Deutsch hielt. Nicht nur der kanadischen und englischen Besatzung wurde gedacht, auch die deutschen Opfer des Krieges, die zivilen Opfer der Bombardements und die 200 Männer aus Waldsee, die als Soldaten ihr Leben verloren, deren Gräber auf der ganzen Welt verstreut sind, wurden nicht vergessen. Eine sehr bewegende Rede. Auch dass dieser Krieg damals von deutschem Boden ausgegangen ist, wurde angesprochen. Nach seiner Rede enthüllte Herr Reiland zusammen mit der IG Heimatforschung den Gedenkstein. Herr Kaplan Ott segnete im Anschluss den Gedenkstein in einem Feldgottesdienst. 





Anschließend folgten die Reden von Defence und Air Attache Group Captain Mark Heffron, RAF, Colonel Richard Pamplin, RCAF, und Herrn Oberst Lutz, Deutsche Luftwaffe. Von allen  Nationalitäten, die damals beim Absturz in 1943 betroffen waren, waren hochrangige Verteter anwesend und hielten sehr bewegende Reden.

 

Alle Reden waren im Programmheft übersetzt, damit alle englischen und deutschsprechenden Teilnehmer, immer  genau wussten, was der jeweilige Redner gerade spricht.



Danach folgten teils sehr emotionale Reden der jeweiligen Nachfahren der Besatzung. Es sprachen: Mrs. Colleen Lewis, Mrs. Susan Fairbairn, Mr. Leslie Dee, Mrs. Joan Taylor und Mr. David D`Eath. Im Anschluss hielt Dr.  Phil Marter, 10 Squadron Association, seine Rede, wobei er auch das Gedicht “To The Men of My Squadron”, aus 1943, vorlas.






Als alle Beteiligten ihre Rede gehalten hatten, gab es Gelegenheit, Blumen oder Kränze am Gedenkstein niederzulegen. Dies geschah unter musikalischer Begleitung von Pipe Major Mackenzie. Auf dem Dudelsack spielte er das Lied “Going Home”. Einige Nachfahren hatten dafür auch selbstgemachte Holzkreuze mitgebracht, die, versehen mit dem Namen ihres verstorbenen Verwandten, am Stein platziert wurden.






Dann folgte für die deutsche Militärdelegation unter Herr Oberst Karl-Heinz Lutz der Befehl “Achtung”, und nachdem ich die sieben Namen der verstorbenen Besatzungsmitglieder mit ihrem Dienstgrad und ihrer Funktion vorgelesen hatte,  folgte der “Last Post”, der “letzte Wachposten”, ein letzter Gruß an die verstorbene Besatzung. Dieser wurde von Jan Rudolph auf seinem Kornett geblasen. Wie immer eine sehr bewegender Moment für alle Teilnehmer. 




Nach meinem Schlusswort, mit dem der offizielle Teil der Zeremonie nun vorüber war, wurden Einzelheiten des Absturzes erklärt bzw. es wurde näher darauf eingegangen, wie sich der Absturz an Ort und Stelle ereignet hat. Außerdem wurden Erkenntnisse unserer Untersuchungen kurz erläutert. Den Nachfahren aus Kanada und Großbritannien wurde die Möglichkeit geboten, Sand von der Absturzstelle in Gläschen abzufüllen, um diesen als Erinnerung bzw. Souvenir mit nach Hause zu nehmen. Dies wurde, wie auch bei den in den letzten Jahren von uns organisierten Gedenkfeiern, sehr gerne in Anspruch genommen.  

 

Nach dem Gruppenfoto am Gedenkstein liefen wir, unter musikalischer Begleitung von Pipe Major MacKenzie, zurück zum Treffpunkt. Direkt daneben befindet sich auch das Restaurant, in das Bürgermeister Herr Reiland uns alle zum Essen eingeladen hat. Einige ältere Teilnehmer nutzten dankend das Angebot des Malteser Hilfsdienstes sie vom Gedenkstein zum Restaurant zu fahren.








Ein paar Stunden später ging ein sehr erfolgreicher und für alle ein sehr bewegender Tag zu Ende. Die Stelle ist jetzt “markiert” und die Nachfahren haben zukünftig einen Ort, den sie besuchen können. Und wie wir das bei den anderen Gedenksteinen, die wir schon realisiert haben, sehen  können, viele Nachfahren kommen jedes Jahr wieder und nehmen lange Reisen aus Neuseeland, Australien, Großbritannien und Kanada auf sich, um die Stelle, an der ihre Vorfahren, ihre Familienmitglieder gestorben sind, besuchen zu können.  

 

Wir wollen die Geschichte vor dem Vergessen bewahren und für die Nachwelt erhalten. Die Weichen für die Stelle in Waldsee wurden in 2016 gestellt, und am 31. August 2019 wurde das Ziel erreicht. Auch wollen wir Brücken schlagen zu ehemaligen Kriegsgegnern. Der Gedenkstein ist somit auch ein Mahnmal, das uns wach rütteln soll. Damit so etwas nie wieder passiert.                              

                                                                                                                                                                    Erik Wieman